Literarische Deutschlandreise eines Gipfelstürmers

Achim Sechzig Bogdahn während der Lesung. Quelle: Evangelische Öffentliche Bücherei Puschendorf

Lesung mit kabarettistischen Einlagen

Nachbericht von der Lesung mit Achim Bogdahn am Freitag den 28. Juni 2024
Autor: Matthias Hüttmann

Achim Sechzig Bogdahn, ein Radiomoderator des Bayerischen Rundfunks liest in Puschendorf aus seinem Buch. Das klingt jetzt vielleicht nicht allzu spannend, lockte aber knapp hundert Gäste an einem Freitagabend im Juni ins evangelische Gemeindehaus. Und den Zuhörerenden, die auch aus dem ganzen Landkreis und sogar aus Bamberg angereist waren, gefiel es sehr.

Achim Sechzig Bogdahn während der Lesung. Quelle: Evangelische Öffentliche Bücherei Puschendorf


Puschendorf ist für Bogdahn kein gänzlich unbekanntes Terrain, sein Vater war als evangelischer Pfarrer immer wieder hier, auch ist ihm Schwester Frieda noch bekannt. Im Buch selbst gibt es gar einen kurzen Abschnitt mit lokalem Bezug:

„Der Zug wurde hinter Fürth kontinuierlich langsamer und stoppte irgendwann hinter dem fränkischen Siegelsdorf mit quietschenden Bremsen. Um uns herum nur abgemähte Maisfelder, deren Stoppeln aussahen, als hätte der Acker einen Dreitagebart.“

Einfach mal gemacht


Ermöglicht hat das Ganze der Kontakt von Matthias Hüttmann zu Bogdahn, der durch mittlerweile zwei Interviews, zu denen er von ihm in die BR2-Radiosendung Zündfunk eingeladen wurde, entstand. Das erste fand bereits 2018 statt, ein zweites dieses Jahr am 26. März, Anlass war jeweils das Erscheinen der deutschen Ausgaben von Werken des US-Klimawissenschaftlers Michael E. Mann, die von Hüttmann übersetzt und produziert wurden.

Moment der Entscheidung
Anlässlich des Erscheinens des Buchs "Moment der Entscheidung“ führte Achim Bogdahn vom Bayerischen Rundfunk ein Interview mit Matthias Hüttmann. Dabei handelt es sich um die deutsche Ausgabe von »Our Fragile Moment« des renommierten Klimawissenschaftlers Michael E. Mann. Es ist bereits das dritte Werk des Professors für Atmosphärenforschung aus den USA dass Hüttmann produziert hat, bei der Übersetzung wurde er unterstützt von Tatiana Abarzúa.

Matthias Hüttmann (links) und Achim Sechzig Bogdahn (rechts) im BR Funkhaus in München.
Quelle: Hüttmann

In dem Buch unternimmt Mann eine spektakuläre Wanderung durch die Erdgeschichte und liefert ein Plädoyer für verstärkten Klimaschutz sowie die Bewahrung unseres fragilen, menschlichen Existenzbereichs. Er gibt darin interessante Einblicke in die eigentlich komplexe Klimawissenschaft und macht dabei deutlich, dass wir nur durch das Wissen über vergangene Klimawandelereignisse Prognosen hinsichtlich unserer Zukunft erhalten können. Dazu lässt er uns auch ganz praktisch an seiner interdisziplinären und selbstkritischen Arbeitsweise teilhaben. In dem er die Ursachen erdgeschichtlicher Entwicklungen reflektiert und einordnet, vermittelt er uns ein besseres Verständnis für den Einfluss des Menschen und mögliche Gefahren.

Sinngemäßer Auszug aus dem Radio-Interview:
„Das neue Buch von Michael E. Mann, dem gefeierten Klimaforscher, schaut weit zurück in die Wärmekurve unseres Planeten und zeigt auf, dass wir vielleicht doch noch ein bisschen Kontrolle haben darüber, was kommt. Leider waren Michael E. Manns Bücher eine Weile nur auf Englisch zu erhalten, bis ein gewisser Matthias Hüttmann aus Puschendorf da mal eine unschuldige Frage stellt und sich prompt als Michael E. Manns Übersetzer wiederfindet. Achim Bogdan hat sich mal genauer erzählen lassen, wie das alles kam und was wir von Michael E. Mann lernen können.

Bogdahn: Jetzt fragt man sich, wie bist Du, ein Mann aus einem kleinen Dorf in Franken, zum Übersetzer von diesem großen Michael E. Mann geworden?

Hüttmann: Dazu kam ich sozusagen „wie die Jungfrau zum Kind“. Ich hatte einmal ein Buch von ihm besprochen. Das war die amerikanische Ausgabe „The Madhouse-Effect“. Ich hatte mich damals ein bisschen geärgert, dass es so ein tolles Buch nicht auf Deutsch gibt und deshalb Stefan Rahmstorf (deutscher Klimaforscher) „angetriggert“ und ihn gefragt, da er ja sicherlich Mann kannte, ob es dieses Buch nicht auch auf Deutsch geben sollte. Daraufhin hat er geantwortet, dass er ihn mal fragen werde. Und kaum eine halbe Stunde später kam schon die Antwort aus den USA: „Hi Matthias, let's do it!“ Und dann ging es eigentlich „nur noch“ darum, wie man sowas eigentlich macht. Im Prinzip habe ich es mit einem Bekannten, der Übersetzer ist, durchgezogen, zusammen haben wir das erste Buch irgendwie „gewuppt“. Das Buch habe ich auch produziert, sprich mich um Layout, Druck und Vertrieb gekümmert. Und es hat sehr gut funktioniert Jetzt, beim dritten Buch, bin ich jetzt sogar bei einem richtig guten Verlag (oekom) angekommen. Mit dem Verlag habe ich eine Kooperation gemacht. So kam und kommt eines zum anderen.“

Nachdem Hüttmann 2022 im Nürnberger Casablanca erstmals eine Lesung besuchte, durften wir ihn dieses Frühjahr in Eckental live erleben. Wir, das sind in dem Fall die Grünen in Puschendorf. Im Nachgang reifte die Idee, so etwas auch mal nach Puschendorf zu tragen. Schnell zeichnete sich ab, dass hierzu eine Kooperation mit der Bücherei die ideale Konstellation ist. Dort stießen wir auf große Begeisterung, gemeinsam organisierten wir diesen schönen Abend und beworben natürlich im Vorfeld die Lesung auf allen nur denkbaren Kanälen.

Mehr als nur eine Lesung

Der gebürtige Erlanger, sein Künstlername entstammt seiner Affinität zum TSV 1860 München, hat durchaus komödiantisch-kabarettistische Qualitäten.

Der Auftritt in Puschendorf war bereist sein 106’ter und letztendlich auch keine Lesung im eigentlichen Sinne. Zum einen, da vieles gar nicht in seinem literarischen Erstling („Unter den Wolken“) vorkommt und auch weil er meist frei vortrug. Das Buch kennt er mittlerweile so gut, dass es ihm vor allem als Stichwortgeber diente.

Was macht seine Auftritte so kurzweilig und das Buch so lesenswert? Das sind sicherlich die detaillierten Schilderungen, durch die alle sofort mitgenommen werden und das erlebte förmlich spüren können. Wenn Bogdahn einräumt, dass er leider eine Neigung zum Abschweifen hat, ist genau das eine seiner großen Stärken. Er bleibt nicht bei der Sache, im positiven Sinn. Immer wieder kommt es zu grandiosen Themaverfehlungen und Detailschilderungen. Seine bewahrte Neugier und eine tolle Gabe mit Menschen in Kontakt zu kommen machen das möglich. In einer bildhaften Sprache, gepaart mit anschaulichen Vergleichen spinnt Bogdahn seine Assoziationen und Gedanken weiter, dekliniert sie durch, ohne jede Scheu womöglich peinlich oder albern zu wirken. Es macht einfach Spaß auf seinen Reisen dabei sein zu dürfen, gerade auch, weil er manch Unzulänglichkeit ganz offen schildert. Charmant sind insbesondere die lebendigen Beschreibungen von teilweise nur am Wegesrand auftauchenden Protagonisten.

Sein Interesse an allem und jedem lässt ihn immer wieder Anekdoten aus dem Hut zaubern, sein Vorrat an Erlebnissen scheint unerschöpflich. Bogdahn ist, das bringt seine berufliche Tätigkeit unweigerlich mit sich, alles andere als ein oberflächlicher Mitbürger. Er zeigt jedoch mehr als nur professionelles Interesse an der Welt, strahlt allen Problemen zum Trotz stets Optimismus aus und saugt die Gegenwart wie ein Schwamm auf.

Das Zitat von Jack Kerouac am Anfang des Buches beschreibt sein Credo sehr gut:

„Aber warum Trübsal blasen, wenn das ganze goldene Land vor einem liegt und alle möglichen ungeahnten Ereignisse auf einen warten, einen überraschen und glücklich machen wollen, weil man lebt und sie erleben kann.“

Vielleicht ist diese Kritik jetzt ein wenig zu euphorisch geraten, aber wir sind einfach begeistert, dass wir so etwas bei uns in Puschendorf möglich machen konnten und es auch auf großes Interesse stieß. Nicht unwichtig: Der Buchverkauf hat der Bücherei einen kleinen Überschuss ermöglicht.

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